Aktuelles: Lectras Fashion PLM „verlinked“ sich
Der Vorteil einer digitalen Mode-Wertschöpfungskette liegt nicht allein in der Digitalisierung der einzelnen Produktionsbereiche – das Vernetzen der unterschiedlichen IT‑Systeme bringt den entscheidenden Mehrwert für Modemarken wie -hersteller. Um den Datenfluss seiner Kunden noch freier und agiler zu gestalteten, übernimmt Lectra Anfang 2018 das italienische IT-Startup Kubix Lab.
Ende 2015 gegründet, entwickelte Kubix Lab die Software-Lösung „Link“, mit der Bekleidungsunternehmen Produktinformationen aus unterschiedlichen IT‑Systemen, wie ERP (Enterprise-Resource-Planning), PDM (Produktdatenmanagement) und PLM (Product-Lifecycle-Management), gesammelt in einer einzigen Anwendung verwalten. Ändern Benutzer Daten oder fügen neue hinzu, synchronisiert sie Link zeitgleich über alle IT-Systeme hinweg.
Produktdaten sind das Herzstück
„Der Ansatz der Kubix Lab-Lösung hat uns besonders beeindruckt“, sagt Daniel Harari, Vorstandsvorsitzender und CEO Lectra. „Mit ihren tiefgreifenden Kenntnissen über die Fashion-Branche und deren Arbeitsweise haben die Gründer von Kubix Lab eine Lösung entwickelt, die den Bedürfnissen und Erwartungen der Bekleidungsindustrie entspricht. Mit Link nutzen Produktentwicklung, Fertigung und Vertrieb dieselben Daten und arbeiten so einfach, effizient und zeitgleich zusammen.“
„Die Produktdaten sind das Herzstück von Link. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt, als bestehende Markt-Lösungen und damit ein Angebot kreiert, das flexibel ist, einfach bedient und leicht weiterentwickelt werden kann“, erklärt Pierluigi Beato, F&E-Leiter und Mitgründer von Kubix Lab. „Mit Lectra bringen wir Link auf die nächste Entwicklungsstufe.“
Vernetzt mit gesicherter Datenintegrität
In Zukunft ist Link Teil der Lectra Fashion PLM 4.0-Lösung, bislang die einzige PLM-Lösung für den Modemarkt, die die komplette Wertschöpfungskette abdeckt. Lectras Fashion PLM vernetzt CAD, industrielle Standardsoftware wie Adobe Illustrator und IT-Systeme. Sie dient als intelligente Schaltzentrale – von der Planung über das Design bis zur Produktion – und gewährleistet einen kontinuierlichen Fluss von fehlerfreien Daten zwischen Prozessen, Technologien und Personen. Alle Beteiligten der Lieferkette bearbeiten, speichern und teilen Informationen über die Plattform – mit gesicherter Datenintegrität. Link öffnet und vernetzt die PLM-Lösung weiter mit essentiellen IT‑Systemen.
Markt & Meinung: Im Dienste der Dienstleistung
1971 arbeiteten zum ersten Mal genau so viel Menschen im Dienstleistungsbereich wie im produzierenden Gewerbe, in etwa 46 Prozent. Ausgelöst wurde diese Entwicklung zum einen durch die Grundstoffindustrie, die ihre Produktion in Länder mit günstigeren Gewinnungskosten für Kohle und Erze sowie Mineralöl und Erdgas verlagerte; zum anderen durch die automatisierten Produktionslinien der verbleibenden Industrie. Die Dienstleistungsgesellschaft ist geboren. Der Trend hält bis heute an. 46 Jahre später arbeiteten in 2017 nur noch 24,1 Prozent der Erwerbstätigen im sekundären Sektor und 74,5 Prozent im tertiären Dienstleistungsbereich. In der Fertigungsindustrie selbst zeichnet sich nun ein neuer Trend ab – die Dienstleistungsindustrie.
Digital und wettbewerbsfähig
„Was für die Industrie vor 50 Jahren die Automatisierung war, ist für die Produktionslandschaft von heute die Digitalisierung und der Wandel zur Industrie 4.0,“ sagt Holger Max-Lang, Geschäftsführer Lectra Deutschland. „Viele Unternehmen habe ihre Geschäftsmodelle digitalisiert oder sind auf einem guten Weg dorthin. Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus – vor allem in der Fertigungsindustrie.“ Diesen Trend bestätigt auch eine weltweite branchenübergreifende Digital‑Change-Studie im Auftrag des Business Software Anbieter IFS unter 750 Entscheidern, darunter 150 aus der industriellen Fertigung. So geben 50 Prozent der Befragten aus Deutschland an, bereits auf Smart Manufacturing umgestellt zu haben. Weitere 30 Prozent wollen den Schritt in den kommenden beiden Jahren gehen. Die vernetzten Prozesse ermöglichen Unternehmen, speziell in der textil- und lederverarbeitenden Branche, nicht nur eine bedarfsorientierte und schnelle Fertigung bei hoher Qualität, sondern auch eine kundenindividuelle Massenproduktion. Damit sind Hersteller unabhängig von ihrer Größe auf globaler Ebene wettbewerbsfähig.
Quelle: IFS-Studie SmartFactory, November 2017.
Durch die digitalisierte Fertigung steigt die Produktivität, aber auch der Wettbewerbsdruck, denn Hersteller können sich nicht mehr alleine auf ihre Produkte und deren Qualität als Verkaufsargument verlassen. In zunehmend umkämpften Märkten, wie dem Mode-, Automobil- und Möbelmarkt, werden Alleinstellungsmerkmale und eine langfristige Kundenbindung immer wichtiger. Unternehmen setzen daher auf die sogenannte „Servitization“. Sie verstehen sich nicht mehr nur als industrielle Hersteller, sondern als Dienstleister, der die Prozesse seiner Kunden durch sein Service-orientiertes Geschäftsmodell, anstatt allein durch produktorientierte Innovationen verbessert.
Die Industrie von morgen ist eine Dienstleistungsindustrie
Einige Vorreiter in Service-orientierten Geschäftsmodellen verkaufen beispielsweise nicht die gesamte Fertigungsmaschine, sondern spezifische Leistungen nach den Prinzipien „Pay-for-use“ oder „Power-by-the-hour“. Auch Lectra setzt für Kunden aus den Bereichen Mode, Automobil und Möbel auf die Servitization. Der Technologie-Partner bietet Textil und Leder verarbeitenden Unternehmen Zuschnitt-Lösungen und verknüpft sie bereits seit 2007 mit Smart Services. Dazu gehören Ferndiagnose und vorausschauende Wartung ebenso, wie Schulungen und Optimierung von Produktionsprozessen. Auch die Software-Lösungen richtet das Unternehmen auf Dienstleistung aus und bringt 2018 Cloud-basierte SaaS‑Angebote für den Mode-, Automobil- und Möbelmarkt. Durch die geringe Hardwareanforderung der Cloud binden Kunden die Lösungen noch leichter in die eigenen Prozesse ein. Sie reduzieren dauerhaft eigenen IT-Aufwand, da das Warten und Instandhalten aus ihrem Aufgabenbereich fällt und meist im Hintergrund verläuft. SaaS‑Angebote bringen außerdem wirtschaftliche Vorteile. Die Anschaffungskosten sind vergleichbar gering und durch den modularen Aufbau werden die Lösungen den Bedürfnissen von kleinen wie großen Unternehmen angepasst. Das bringt zusätzliche Flexibilität in die Wertschöpfungskette der Kunden.
Der Dienstleistungsgedanke dringt in immer mehr Branchenbereiche, die bislang vor allem produktorientiert waren. Wo es früher Regale nach dem Motto „do it yourself“ zum selbstaufbauen verkaufte, setzt das schwedische Möbelhaus Ikea heute auf Service und übernimmt das Startup TaskRabbit, Vermittler von Arbeitskräften für kleine Aufgaben. Damit können Kunden in Zukunft einfach jemanden in der Umgebung finden, der ihnen die frisch gekauften Möbel zusammenbaut. Auch Automobilriesen, wie BMW und Mercedes, verkaufen nicht mehr nur Autos, sondern bieten Kunden mit zusätzlichen Carsharing-Angeboten reine Mobilität. Und das Angebot kommt an: DriveNow (BMW) hat europaweit eine Million Kunden, Car2Go (Mercedes) drei Millionen.
„Traditionell unterschied man früher zwischen Industrie und Dienstleistungen. In Zeiten der Digitalisierung und der Industrie 4.0 macht es aber keinen Sinn mehr, eigenständige Maschinen oder Software zu verkaufen“, sagt Daniel Harari, Vorstandsvorsitzender und CEO Lectra. „Der Mehrwert heutiger industrieller Lösungen liegt in der Kombination aus Hardware und Software mit Smart Services und Branchen-Know‑how. Die Industrie von morgen ist eine Dienstleistungsindustrie.“
Wissen Digital: Servitization hinkt Smart Manufacturing hinterher
Die Fertigungsindustrie hat sich zu einer digital reifen Branche entwickelt und stellt auf die intelligente Produktion um. Nur wenige Unternehmen nutzen aber die Chancen Service-orientierter Geschäftsmodelle.
Rund 90 Prozent der weltweit 750 befragten Entscheider halten die Investitionen ihres Unternehmens in die digitale Transformation für „förderlich“ oder „angemessen“, in Deutschland sogar 92 Prozent. Als die drei wichtigsten Investitionsgebiete nannten die Teilnehmer das Internet of Things (IoT), Enterprise Resource Planning (ERP) sowie Big Data und Analytics. Die Haupttreiber der Digitalisierung sind der Mehrheit nach das Verbessern der Effizienz (43 Prozent), das Beschleunigen von Innovationen (29 Prozent) und die Wachstumschancen in neuen Märkten (28 Prozent). Deutsche Unternehmen setzen vor allem auf Kostenersparnisse (33 Prozent) und Produktivitätssteigerungen (31 Prozent).
Fachkräftemangel nicht nur in Deutschland
Die Befragung zeigt aber auch, dass im digitalen Wandel noch längst nicht alles rund läuft. Die größten Hindernisse, denen Unternehmen weltweit gegenüberstehen sind das Widerstreben von Mitarbeitern gegen Veränderungen (42 Prozent), allgemeine Sicherheitsbedenken (39 Prozent) und fehlende Organisations- und Führungsmodelle (38 Prozent). Der Fachkräftemangel ist auch international ein Thema. 34 Prozent der Unternehmen sehen sich durch das Defizit entweder „etwas“ oder „völlig“ unvorbereitet, die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen. In Deutschland sind es mit 35 Prozent noch etwas mehr.
Die branchenspezifische Auswertung zeigt eine digital reife globale Fertigungsindustrie. 83 Prozent der Befragten bewerten die digitale Reife ihrer Unternehmen auf einer Skala von eins bis fünf mit den höchsten drei Stufen. Als große Chance der Digitalisierung für die Fertigungsindustrie gelten intelligente, automatisierte Produktionslinien. 55 Prozent der Studienteilnehmer setzen bereits auf Smart Manufacturing. Weitere 26 Prozent wollen den Schritt in den nächsten beiden Jahren gehen.
Quelle: IFS-Studie SmartFactory, November 2017.
Servitization ist Zukunft der Fertigungsindustrie
Doch die Branche lässt eine weitere Chance der Digitalisierung noch ungenutzt – die „Servitization“. Intelligente vernetzte Technologien ermöglichen, weiterführende Services anzubieten oder sogar komplett auf Service-orientierte Geschäftsmodelle umzusteigen. Die Zahlen zeigen, dass Fertigungsunternehmen die Wertschöpfungsmöglichkeiten der Servitization noch ungenutzt lassen. Nur 24,7 Prozent haben Service-orientierte Produkte bereits umgesetzt und erwirtschaften damit Dividenden – in Deutschland sind es immerhin 30 Prozent. Dennoch geht der Trend klar in diese Richtung. In 43,3 Prozent der weltweiten Produktionsunternehmen ist die Servitization gerade im Entstehen und erhält angemessene Unterstützung von der Geschäftsführung.
Über die Studie
Für die Digital-Change-Studie befragte das Unternehmen Raconteur Custom Publishing im Auftrag von IFS weltweit 750 Entscheider aus den Branchen Industrielle Fertigung, Anlagen- und Maschinenbau, Öl und Gas, Luftfahrt und Dienstleistung. Aus der Fertigungsindustrie nahmen 150 Personen an der Umfrage teil. Die Befragten stammen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Spanien, Polen, Australien, China, Japan, dem Mittleren Osten und Indien.