Aktuelles: Smart Fashion. Smart Future – Lectra Fashion Event
Individualisierte Produkte, unter starkem Preiswettbewerb schnell entwickelt, produziert und auf den Markt gebracht – die Bekleidungsbranche steht unter Strom. Vor allem das online geprägte Konsumverhalten der digitalen Generation verändert die Erwartungen an die Branche. Wie kann die Bekleidungsbranche den Verbraucherwünschen gerecht werden? Welche Technologien und Geschäftsmodelle helfen dabei und wie lassen sich die notwendigen Investitionen finanzieren? Diese Fragen diskutieren Experten und Modeunternehmen auf der Veranstaltung „Smart Fashion. Smart Future. Digital, vernetzt und intelligent“ im „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Textil vernetzt“ in Berlin am 11. September 2018.
„Große Marken und Hersteller investieren stark in intelligente Technologien und die vernetzte Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette,“ sagt Holger Max-Lang, Geschäftsführer Lectra Deutschland. „Das ist der Weg, der die Branche in die Zukunft bringt. Doch für jedes Unternehmen bedeutet das unterschiedliche Schritte.“ Branchen- und Finanzexperten nehmen sich auf der Veranstaltung die Zeit zur Analyse individueller Herausforderungen, gehen Fragestellungen nach und geben Tipps und Anregungen.
Die Finanzierung des digitalen Wandels ist eine der größten Herausforderungen, vor denen vor allem mittelständische Unternehmen stehen. In einem Experten-Panel diskutieren Anja Merker, Geschäftsführerin „Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Textil vernetzt“, Professor Karl Peter Fischer, Hochschule für angewandtes Management, gemeinsam mit einem Finanzexperten der Commerzbank nicht nur welche Chancen die Digitalisierung bietet, sondern auch welche Fördermöglichkeiten Unternehmen in Anspruch nehmen können., sondern auch welche Fördermöglichkeiten Unternehmen in Anspruch nehmen können.
Im „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Textil vernetzt” hat die Zukunft der Branche seit wenigen Monaten ihren eigenen Showroom. In Schaufenstern bekommen die Teilnehmer einen Einblick in die Möglichkeiten der Industrie 4.0 für die Textil- und Bekleidungsbranche. Praxisberichte und ein Überblick, wo Technologien Produktionsprozesse digital abbilden, geben den Unternehmen einen Eindruck, was heute bereits möglich ist.
Melden Sie sich hier an und sichern Sie sich Ihre Teilnahme.
Markt & Meinung: Die vernetzte Lieferkette – Rückgrat der Industrie des 21. Jahrhunderts
Heute bestellt, in wenigen Tagen geliefert – was vielen Kunden mittlerweile wie selbstverständlich erscheint, stellt für die Anbieter eine enorme Herausforderung dar. Smarte Maschinen und Herstellungssysteme ermöglichen eine schnelle und hochwertige Produktion, das größte Potential liegt aber in einer digital vernetzten Lieferkette. Doch sie ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied.
Eine Lieferkette funktioniert nur dann richtig, wenn alle Glieder aufeinander abgestimmt sind und ein fließender Informationsaustausch stattfindet. Die Automobilindustrie gilt als Vorreiter. Geringe Lagerbestände, nachfrageorientierte Produktion mit vielen Individualisierungen – die termingerechte Anlieferung von Material und Einzelteilen für die Produktion ist hier das größte Risiko. So kann selbst ein autofernes Thema gravierende Auswirkungen haben, wie 2001 der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Großbritannien. In Folge dessen fehlten Volvo und Jaguar die Lederhäute für ihr Interieur. Produktionsausfälle und Millionenverluste waren das Ergebnis. Um ihre eng getakteten Liefer-Konzepte umsetzen zu können, greifen Automobilhersteller zu digitalen Tools und Technologien, um Störungen oder Risse in der Supply Chain frühzeitig zu erkennen und so zu vermeiden.
In Folge haben sich auch Gerbereien auf die veränderten Anforderungen ihrer Automobil-Kunden eingestellt. Management-Systeme und Technologien verknüpfen sie mit den digitalen Lieferketten. Das eröffnet sogar neue Geschäftsmodelle. Mit Schnittmaschinen ausgerüstet liefern sie nicht mehr nur die Lederhäute, sondern verarbeiten sie direkt weiter und liefern die bereits zugeschnittenen Teile. Eine Chance auch für die Möbel- und Modebranche.
Saisonale Trends und lange Lieferketten passen nicht zusammen
Besonders in der Modeindustrie verändern sich die Lieferketten schnell. Zulieferer müssen sich laufend saisonalen Trends für Designs, Stoffe und Materialien anpassen. Um die heutigen Herausforderungen zu meistern, Engpässe vorherzusehen und zu vermeiden, müssen Unternehmen der Textilbranche ihre Lieferketten anpassen und digitalisieren.
„Eine digital vernetzte Lieferkette ist das Rückgrat der Industrie des 21. Jahrhunderts“, sagt Holger Max-Lang, Geschäftsführer Lectra Deutschland. „Nur ein fließender Informationsaustausch zwischen allen Gliedern ermöglicht kurze Produktzyklen, individualisierte Produkte und Preise, die bei gesicherter Qualität gehalten oder gesenkt werden können. Gleichzeitig ist eine solche Supply Chain flexibel genug, um auf veränderte Trends zu reagieren. Dazu ist aber ein übergreifendes Gesamtkonzept für alle Glieder notwendig – vom Rohstofflieferant über den verarbeitenden Zulieferer bis hin zur Marke und zum Kunden.“
Zusammenarbeit ist der Erfolgsfaktor
Die Grundlage sind digitale Plattformen wie PLM- (Product-Lifecycle-Management) und ERP‑Lösungen (Enterprise-Resource-Planning), die in alle Glieder der Lieferkette integriert werden und digitale Daten generieren. Der Schlüssel zum Erfolg ist der reibungslose Austausch dieser Informationen – beispielsweise Kundennachfrage, Bestellmengen der Unternehmen, Produktionszeiten der Zulieferer sowie Lagerbestände und Lieferzeiten der Rohstofflieferanten. Dadurch kalkulieren die einzelnen Partner Mengen und Zeiträume präziser, teilen diese Informationen untereinander und passen Bestellungen und Produktion entsprechend an. Die direkte digitale Kommunikation gestaltet die Lieferkette schlanker. Produktlebenszyklen und Time-to-Market werden so verkürzt und Kosten eingespart.
Die Herausforderung in einer digitalen Lieferkette liegt im Verknüpfen der Plattformen. Oft arbeiten sie mit verschieden Daten-Formaten, was den Austausch erschwert und die Zuverlässigkeit der Daten einschränkt. Unternehmen und Zulieferer müssen enger zusammenarbeiten und auf gemeinsame Plattformen setzen. „Ein Teil der Verantwortung liegt bei den Anbietern der digitalen Lösungen“, sagt Max-Lang. „Sie müssen sich auf universelle Datenformate einigen oder Möglichkeiten schaffen, Informationen zwischen den verschiedenen Plattformen sicher und zuverlässig auszutauschen. Die Cloud spielt hier oft eine essentielle Rolle, da sie beides vereinen kann.“ Durch das Verknüpfen der Plattformen erhält die digitale Lieferkette ihre Flexibilität. Einzelne Teile lassen sich je nach Anforderung leicht einfügen, austauschen oder abtrennen – vorausgesetzt sie sind digitalisiert.
Wissen Digital: Interview – Digitaler Standard
Eine automatisierte digitale Lieferkette erleichtert die Kommunikation zwischen ihren einzelnen Akteuren – vorausgesetzt der Austausch beruht auf der gleichen Informationsbasis. Bei digitalen Daten-Formate ist das nicht immer der Fall. Robin Lemstra, Vice President Professional Services von Lectra Deutschland, erklärt, wo die Industrie im Stoff und Leder-Zuschnitt ansetzten muss.
Lectra: Was ist derzeit die größte Herausforderung für eine digitale Lieferkette im Zuschnitt?
RL: Ganz klar, die Datenintegrität. Dass der Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen digitalen Plattformen einer Lieferkette reibungslos und ohne Informationsverlust funktioniert – digitales Design, Schnittbilderstellung und Zuschnitt etwa. Die Frage ist: Wie bekommen wir die CAD- und Material-Daten in den Zuschnittraum. Denn nicht selten stammen die Systeme von unterschiedlichen Anbietern, was bislang noch ein großes Hindernis darstellt. Die Information, welche Variante oder Version man für den Zuschnitt eines einzelnen Modells benötigt, ist oft noch in Excel-Tabellen hinterlegt. Eine Menge manueller Arbeit ist gefragt, um die Daten von einem System auf ein anderes zu übertragen. Das kann bis zu mehreren Wochen dauern und ist fehleranfällig. Für den Zuschnitt ist es wichtig, die Eigenschaften der Materialen zu digitalisieren. Dazu gehören Basis-Informationen wie etwa Materialmaße und Stoffart. Entsprechend muss die Zuschnittlösung eingestellt werden, um einen perfekten Schnitt zu erstellen, mit optimaler Materialausnutzung und hoher Produktivität.
Lectra: Wie kann diese Hürde gemeistert werden?
RL: Die Branche und vor allem die Anbieter der digitalen Plattformen müssen sich auf einen allgemeinen Datenstandard einigen. Viele Hersteller und Zulieferer nutzen bereits digitale Lösungen, aber von unterschiedlichen Anbietern. In Einzelprojekten müssen sie die Daten manuell verarbeiten und bereitstellen. Ein universeller Datenstandard ermöglicht den fließenden Informationsaustausch über die gesamte Lieferkette hinweg. So können Hersteller und Zulieferer die Zuschnitt-Systeme implementieren und direkt loslegen. Sofern die Datenqualität stimmt, laufen die Aufträge dann automatisch durch.
Lectra: Wie löst Lectra das Problem?
RL: Zum einen haben wir bei Lectra Cloud-Lösungen die Digital Cutting Plattform geschaffen, mit denen wir Produktions-Daten importieren und übertragen. Dennoch ist auch hier immer wieder eine individuelle Programmierung notwendig, die wir dann auf Kundenseite vornehmen.
Zum anderen nutzen wir einen offenen Datenstandard für unsere Internet-basierten Webservices. Die Semantik für den Zuschnittprozess haben wir neu definiert, da es keinen Standard gibt. Das Ziel ist es, dass ERP- (Enterprise-Resource-Planning) und PPS-Systeme (Produktionsplanungs- und Steuerungssystem) diesen Standard unterstützen. Wir sitzen in unterschiedlichen Gremien, in denen diese Fragen diskutiert werden und versuchen so, die Zukunft der Branche mitzugestalten.
Aktuell unterstützt unsere Einzellagen-Zuschnittlösung Virga diesen Standard und wir arbeiten daran, ihn in die Mehrlagen‑Zuschnittlinie Vector zu implementieren. Bis zum kommenden Jahr soll auch unsere Leder‑Zuschnittlösung Versalis über diesen Datenstandard vernetzt werden können
Vielen Dank für das Gespräch.